Man kann wirklich nicht sagen, dass ihr ein guter Ruf vorauseilt. Ihr werden Trägheit und Faulenzerei nachgesagt. Sie lullt uns ein, macht es uns bequem und gemütlich und gibt uns viele Gründe, bei ihr zu bleiben. Über Jahrmillionen hat sie diese Taktik perfektioniert – und das alles mit dem Argument uns Sicherheit zu geben und unsere Ressourcen zu schonen. Sie ist eine hinterhältige Strategin: Die Komfortzone.
Aber natürlich lieben wir sie! Alles läuft rund, wenn wir in ihr sind. Kein Stress, kein Druck, keine Überforderung. Abläufe sind vertraut und wir können routiniert unseren Aufgaben nachgehen. Wir sind sicher.
Was in der Komfortzone meist nicht passiert, ist Veränderung. Wer sich nicht ab und zu aus ihr herauswagt, dessen Entwicklung stagniert. Nur jenseits ihrer Grenze gibt es Impulse, neue Ideen und Visionen. Wagen wir uns über diese Grenze, betreten wir die Wachstumszone – einige öfter und lieber, als andere. Der Vorteil ist, dass wir mit jedem Schritt ins unbekannte Land der Wachstumszone (auch Lernzone genannt) unsere Komfortzone ausdehnen. Denn alles Gelernte wird fester Bestandteil dessen, was wir kennen, was uns keine Angst mehr macht. Der sichere Bewegungsspielraum wächst. Hört sich gut an – zumindest unter normalen Umständen.
Doch vor einigen Wochen haben wir einen enormen Tritt bekommen. Der hat uns aus heiterem Wohlfühlhimmel aus der geliebten Umgebung herauskatapultiert. Ein Typ namens SARS-CoV-2 hat uns vor die Tür gesetzt. Gelandet sind wir bestenfalls in der Wachstumszone. Wen es hart getroffen hat, der wacht allerdings viel weiter draußen auf. Nämlich in seiner persönlichen Panikzone. Jetzt braucht es starke Orientierung und Unterstützung von außen, um überhaupt wieder handlungsfähig zu sein und allmählich in die Wachstumszone zu gelangen.
Uns begegnen plötzlich ungekannte Rahmenbedingungen für Arbeit. Produktionsabläufe wurden unterbrochen oder stark angepasst, Teams wurden auseinandergerissen und sollen nun remote funktionieren, selbst die Verwaltung arbeitet im Schichtdienst. Arbeiten im Homeoffice ist für viele das Gebot der Stunde – aber wie soll das geschehen, wenn auch die Kinder zu Hause sind und im Vorfeld weder technische noch räumliche Voraussetzungen dafür geschaffen wurden? Arbeitsumgebung, Aufgaben, Kollegen, Anforderungen ... all das hat sich binnen kürzester Zeit drastisch verändert und UNS bleibt nur eines: Damit klarzukommen. Und das tun wir. Wir kommen zurecht – irgendwie.
Für manchen wird die Lage immer beängstigend, unbequem oder herausfordernd bleiben. Die Trennung von Arbeit und Freizeit gelingt nicht. Die nötige Konzentration will sich zu Hause einfach nicht einstellen. Bekommen sie an dieser Stelle nicht die Unterstützung, die sie brauchen, haben sie keine Chance auf Weiterentwicklung. Die Folgen sind Handlungsunfähigkeit und totale Überforderung (Panikzone) oder die Rückkehr zu bekannten Mustern (Komfortzone).
Für andere haben sich zeitgleich neue Perspektiven eröffnet: Sie wissen die Arbeit im Homeoffice zu schätzen. Sie haben Methoden und Tools ausprobiert, die sie bei der täglichen Lösung ihrer Aufgaben unterstützen, die sie mit ihren Kollegen und Teams vernetzten. Der Austausch funktioniert, die Arbeit läuft.
Natürlich läuft es nicht auf Anhieb rund. Wie soll ein Team, das sich bisher täglich persönlich getroffen hat, das sich zwischendurch mal eben kurz austauschen konnte, von jetzt auf gleich auf Videokonferenz-Modus umschalten? Wie soll ein Chef, der sein Unternehmen bisher eng und hierarchisch geleitet hat, plötzlich seine Mannschaft „laufen lassen“? Das ist für alle Beteiligten eine enorme Herausforderung denn jeder geht mit der Situation anders um. Und jeder empfindet die Rahmenbedingungen sehr unterschiedlich.
Klar ist aber eins: Die Mannschaft braucht jetzt einen Kapitän der das Ruder in die Hand nimmt und zeigt, wo es langgeht. Führungskräfte haben jetzt eine primäre Aufgabe: Sie müssen tatsächlich führen! Und das unter erschwerten, weil nie gekannten Rahmenbedingungen – häufig auf Distanz. Jetzt benötigen die Mitarbeiter mehr Führung denn je. Dabei spielt es übrigens keine Rolle, ob ein Unternehmen ums Überleben kämpft oder sich vor Arbeit kaum retten kann.
Und es gibt noch eine unbequeme Wahrheit: Wer Führung und Zusammenarbeit nicht zügig und konsequent weiterentwickelt, riskiert, alles bisher Erreichte zu verlieren. Wer es sich zu schnell wieder in der Komfortzone gemütlich macht, setzt – in letzter Konsequenz sein Unternehmen auf's Spiel.
Für den Umgang mit den Folgen der Corona-Krise gibt es leider kein Patentrezept. Dafür sind die Probleme und Herausforderungen viel zu unterschiedlich und komplex. ABER eines ist bei aller Verschiedenheit doch für alle gleich: Die passenden Lösungen lassen sich nur miteinander entwickeln.