Am 24. Oktober, dem „Tag der Bibliotheken“, stellte der Bibliotheksverband seine „Agenda 2025“ vor. Sie definiert die gute alte Bücherei neu, sieht sie als Treffpunkt, wo sich Menschen auf der Suche nach Unterhaltung und Information begegnen können. Damit reagiert der Verband auf die starken Rückgänge der Ausleihen. Im vergangenen Jahr wurden zum Beispiel in Schleswig-Holstein 12,4 Millionen Ausleihen getätigt und damit 600.000 weniger, als noch im Vorjahr.
Ein Grund dafür ist sicher die ständige Verfügbarkeit von Wissen im Netz. Während wir früher grübelten, was es mit einem bestimmten Terminus auf sich hat, werfen wir heute die Suchmaschine an. Sie präsentiert uns nach Sekunden die Antwort. Das knappe Fazit lautet also: Man muss es heute nicht mehr wissen, sondern die Suchmaschine füttern.
Diese Erkenntnis ist nicht neu. Schon Albert Einstein gab gerne zu, dass sein Wissen durchaus Lücken hatte und definierte: „Wissen heißt wissen, wo es geschrieben steht.“
Wenn es selbst genialen Köpfen so geht, kann man sich als Otto-Normal-Wissender beruhigt zurücklehnen. Trotz aller Möglichkeiten der digitalen Recherche, die ich selbstverständlich zu schätzen weiß, denke ich als bibliophiler Mensch bei „wissen, wo es STEHT“ dennoch erst einmal an Regale mit Büchern. Nein, nicht an die in einem funktionalen Arbeitszimmer, sondern an eine richtig coole Bibliothek. So eine, die einem durch ihre Größe, ihre Architektur und nicht zuletzt durch ihren unverkennbaren Duft nach einer Mischung aus Staub und Leder imponiert – und mir ein tief empfundenes, ruhrgebietsgeprägtes „Boah" entlocken.
Etwa so, wie die Klosterbibliothek der Benediktinerabtei Maria Laach, die New York Public Library, die Bibliothèque nationale de France in Paris oder die Library des Trinity College in Dublin. Buchrücken an Buchrücken, Folianten, Handschriften, zusammengerollte Schriftstücke aus Pergament. Darin steht geballtes Wissen, meist sortiert nach Disziplin.
Und wer hier weiß, wo es steht, der weiß schon sehr viel. Statt einer Suchmaschine muss man hier mitunter noch ein Register bemühen, um das richtige Buch zu finden. Das dauert natürlich alles viel länger, als wenn man sich Informationen digital organisiert – aber man wird am Ende belohnt: Mit dem einzigartigen Gefühl, wenn man uralte Seiten umblättert. Mit dem Bewusstsein, dass schon vor Jahrhunderten jemand dieses Buch in seinen Händen hielt und darin las. Und mit dem Hauch der Geschichte der einem dabei um die Nase weht – einfach unschlagbar!