Emotionale Bindung: Der unterschätzte Erfolgsfaktor in Unternehmen
Emotionen sind etwas Persönliches? Sie gehören nicht in den Arbeitsalltag? Das sind nicht nur ziemlich antiquierte Vorstellungen. Sie stehen auch diametral zu den Forderungen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter heute an ihren Arbeitgebern stellen. Das Vertrauen der deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ihre Führungskräfte ist auf einem historischen Tiefstand – das sagt die jährlich durchgeführte Gallup-Studie, die das Mitarbeiterengagement in Deutschland analysiert. Sie liefert besorgniserregende Zahlen: Lediglich 13% der Beschäftigten sind demnach emotional stark an ihren Arbeitgeber gebunden. 67% leisten „Dienst nach Vorschrift“, während 20% sogar innerlich gekündigt haben. Diese fehlende emotionale Bindung hat erhebliche Konsequenzen: Laut Gallup kosten die „innerlich Gekündigten“ die deutsche Wirtschaft zwischen 132,6 und 167,2 Milliarden Euro pro Jahr an Produktivitätsverlusten.
Deshalb sollten sich Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eine wichtige Frage stellen: Wie steht es eigentlich um die emotionale Bindung zu Ihren Mitarbeitern? Diese Frage rückt nämlich zunehmend in den Fokus.
Ein Teufelskreis, denn gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sind Unternehmen darauf angewiesen, ihre Mitarbeiter langfristig zu binden.
Dabei denken viele an Obstkorb, Gehalt und Homeoffice. Doch viel stärker ist der Wunsch nach Verbundenheit, also das Gefühl dazuzugehören – zu einer Organisation, mit Werten, die ich teile und Wertschätzung, die ich erfahre. Diese emotionale Bindung hat gleich mehrere positive Auswirkungen. Die drei wesentlichen sind:
1. Emotional gebundene Mitarbeiter sind motivierter, engagierter und bringen mehr Eigeninitiative ein. Das steigert die Effizienz und Innovationskraft.
2. Wer sich mit dem Unternehmen identifiziert, ist seltener krank und wechselt seltener den Arbeitgeber. Das reduziert Kosten und steigert die Wertschöpfung.
3. Eine hohe emotionale Bindung fördert ein positives Betriebsklima und stärkt den Zusammenhalt im Team.
Eine Handlungsempfehlung fällt also leicht: Stärken Sie diese emotionale Bindung! Dafür gibt es ein paar Stellschrauben, an denen Sie drehen sollten:
Unternehmenskultur stärken: Eine wertschätzende, vertrauensvolle Kultur, in der sich Mitarbeiter unterstützt und respektiert fühlen, ist entscheidend.
Führungskräfte als Vorbilder: Authentische Führungskräfte, die Wort und Tat in Einklang bringen, genießen das Vertrauen ihrer Teams.
Mitarbeiterbeteiligung fördern: Flexible Arbeitsmodelle und Möglichkeiten zur Mitgestaltung steigern die Motivation der Beschäftigten.
Entwicklungschancen bieten: Weiterbildungen und Karriereperspektiven zeigen Mitarbeitern, dass das Unternehmen in sie investiert.
Ich gebe gerne zu, dass diese Empfehlungen einfacher gegeben, als umgesetzt sind. Tagesgeschäft, wirtschaftliche und weltpolitische Rahmenbedingungen stehen häufig im Weg – sie sollten aber nicht dauerhaft als Ausrede herhalten. Denn Unternehmen, die diese Hebel nutzen, profitieren nicht nur von engagierten, loyalen Mitarbeitern. Sie sichern sich langfristig auch einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung.
Am Anfang steht jedoch immer der erste Schritt und den muss die Geschäftsführung gehen. Denn Emotionale Bindung ist keine Aufgabe, die man nur in die Hände von HR-Abteilung und interner Kommunikation legt. Es gilt, Werte (vor-) zu leben, Wertschätzung zu vermitteln und sich gemeinsam mit dem ganzen Führungsteam auch die Zeit dafür zu nehmen. Zeit kostet … aber sie ist gut investiert. Denn emotional gebundene Mitarbeiter zahlen sich aus.
Über die Studie
Seit 2001 untersucht Gallup anhand von zwölf Fragen zum Arbeitsplatz und -umfeld den Engagement Index für Deutschland. Die Studie soll Auskunft über den Grad der emotionalen Bindung und dem dahingehenden Engagement auf der Arbeit geben. Für die neueste Studie wurden zwischen dem 20. November 2023 und 22. Dezember 2023 insgesamt 1.500 zufällig ausgewählte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befragt.